04.06.25 – Wickeln
Unser Stoffwindeltest
Die Stoffwindel ist eine ernsthafte Alternative zur Einwegwindel. Unsere Kollegin und frisch gebackene Erstlingsmama Odine Gränke hat sich durch den Stoffwindelmarkt gekämpft und teilt ihre Erfahrungen.
Wieso überhaupt Stoff?
Lohnt es sich überhaupt, mit Stoff zu wickeln? Die Antwort ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch „ja“. Allein in der ersten Woche habe ich für mein Neugeborenes rund 50 bis 70 Windeln verbraucht. Das ist viel Kunststoffmüll für so einen kleinen Körper. Hinzu kamen Wickelunterlagen und Feuchttücher. Neben dem Berg an Müll kamen die Kosten von ca. 40 Euro für die erste Woche Wickeln mit Einweg hinzu. Eine Stoffwindel, einmal investiert, kann hingegen immer wieder verwendet werden. In vielen Gemeinden gibt es auch einen Stoffwindelzuschuss. Sie bestehen größtenteils, teilweise auch ganz, aus natürlichen atmungsaktiven Stoffen. So ist eine Stoffwindel um die 2 °C kälter als eine Einwegwindel. Dies ist im Sommer und für die Hodengesundheit bei Jungen ein Vorteil, auch für Babys mit sehr empfindlicher Haut kann die Stoffwindel die bessere Wahl sein.
Welche Stoffwindel wähle ich?
Um sich für eine Stoffwindel zu entscheiden, hilft das Wissen über ihren Aufbau. Es gibt ein in Form haltendes Element, einen Nässeschutz und einen Saugkörper. Diese drei Elemente sind entweder wie bei den Einwegwindeln schon fertig in einer Windel vereint (all-in-one) oder können je nach Bedürfnis zusammengesetzt werden (all-in-two oder all-in-three). Ich habe für diesen Test die all-in-one-Windel der Firma Lybbie ausprobiert. Man kann sie einfach anziehen und mit Hilfe des Klett oder der Snaps (Druckknöpfe) an die Größe des Kindes anpassen. So kann die Windel auch auf dünne oder knuffige Beinchen eingestellt werden und hält dicht. Nach der Benutzung kommt die komplette Windel in die Wäsche. Der Nachteil der all-in-one-Windeln ist, dass einige Modelle länger zum Trocknen brauchen und eine höhere Materialbelastung durch das ständige Waschen der gesamten Windel besteht. Bei der Lybbie-Windel lässt sich der Saugkern zum Waschen herausziehen und das Trocknen geht schneller.
Von Popolini habe ich die all-in-two- und all-in-three-Systeme getestet. Beide geben einem die Möglichkeit, die Windel flexibel an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Der Nässeschutz und die Formgebung sind bei diesem System zusammen in der Überhose vereint. Es gibt Überhosen, die wie Einwegwindeln gestaltet sind, und eine Tasche (Poketwindel) oder Laschen für den Saugkern haben können. Ein weiteres Konzept sind Schlupfüberhosen, welche wie eine Hose über den Saugkern gezogen werden. Überhosen bestehen meist aus Wolle oder PUL (PolyUrethanLaminat; der wasserdichte Außenstoff). Man kann also mit wenig Kunststoff oder für besonders empfindliche Babyhaut nur mit Naturstoffen wickeln. Nach der Benutzung wird die Überhose je nach Verschmutzung durchgelüftet oder kurz ausgewischt. Das sorgt für einen geringeren Materialverschleiß. Auch bei diesen Windeln lässt sich die Größe einstellen.
In diese Überhose kommt das Saugmaterial, welches jedes Mal gewaschen wird. Es kann aus einer Höschenwindel, einem Saugkern in Form einer Windel (hier gehören die Rüschen nach innen), einer Mullbinde (Faltwindel), einer Bindewindel, einem Prefold (eine vorgefaltete und genähte Mullbinde) oder einer Saugeinlage bestehen. Bei Bedarf lassen sich die Saugmaterialien miteinander kombinieren. Popolini hat in manchen Modellen Snaps, damit die Saugeinlagen nicht verrutschen. Die dreiteiligen Windelmodelle bestehen aus einer Überhose, einer eingenähten Wanne als Nässeschutz und Saugmaterial, welches in die Wanne gelegt wird. Auch hier kann nach Bedarf mit Saugeinlagen, Prefolds oder Mullbinden gefüllt werden. Die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten haben den Vorteil der Individualisierung, bringen jedoch einen größeren Windel-Popo mit sich. Daher sollte man auch bei der Kleidung mehr Platz einplanen. Einige Hersteller bieten passende Kleidung oder Bodyerweiterungen an.
Ja ich will! Und nun?
Ich empfehle, die Windeln vorher auszuprobieren. Bei Popolini darf man Windeln zum Testen ausleihen, nach dem Kauf bietet Popolini eine kostenlose Wickelhilfe an. Eine Beratung einer ansässigen Hebamme ist ebenfalls möglich. Ein weiterer Vorteil von Testwindeln ist, dass diese schon eingewaschen sind. Eine Stoffwindel bzw. der Saugkern muss mindestens drei Mal, besser bis zu sieben Mal, gewaschen worden sein, damit er seine ganze Saugleistung entfaltet. Die richtige Pflege ist dabei eine Garantie für die Langlebigkeit – Wollwindeln muss man z. B. regelmäßig mit Wollfett fetten. Zusätzlich benötigt man zwei bis drei Nässe- oder Wäschesäcke zum Aufbewahren und Waschen der Windeln. Als Kotschutz für die Windel gibt es Windelfließ in Ein- oder Mehrweg. Diesen legt man in die Windel, um Feuchtigkeit in den Saugkern zu leiten und Kot einfach über die Toilette (das Einwegfließ gehört nicht hinein) oder der Mülltonne zu entsorgen. Bei Windeln mit Klett ist ein Klettkamm hilfreich. Egal, ob ihr euch für die Stoffwindel, eine Kombination aus Stoff und Einweg oder windelfrei entscheidet: Probiert es aus! Außerdem gibt es im Internet eine tolle Community zu diesen Themen sowie hilfreiche Websites.