30.09.21 – IFH- und BBE-Studie
Wenig Erholung im Fashionmarkt
Die Pandemie führt in der Fashionbranche zu ordentlichen Umsatzeinbußen. Doch wie geht es nach dem coronabedingten historischen Markteinbruch 2020 weiter?
Wie hart die Fashionbranche 2020 von Corona getroffen war, zeigen die Zahlen des „Branchenbericht Fashion & Accessoires“ von IFH Köln und BBE Handelsberatung jetzt bis auf Ebene einzelner Warengruppen schwarz auf weiß. Um ganze 14 % ist das Fashionmarktvolumen im Coronajahr 2020 eingebrochen. Damit wurden rund acht Milliarden Euro weniger für Mode ausgegeben als noch 2019. Das Gesamtmarktvolumen landet bei knapp 50 Milliarden Euro.
Die Gründe liegen auf der Hand: fehlende Anlässe, der Wegfall privater Feiern oder Reisen und weniger Bedarf an neuer Kleidung durch Homeoffice sind für den Einbruch des Marktes verantwortlich. Nahezu alle Einzelmärkte – allen voran die wichtigsten Teilbereiche Damen- (Minus 15,4 %) und Herrenbekleidung (Minus 17,2 %) – haben 2020 deutlich einbüßen müssen. Zu den rar gesäten Gewinnern im Fashionmarkt zählten 2020 Warengruppen aus der Kategorie Berufsbekleidung: Schürzen und Schutzkleidung zählten zu den wenigen Kleidungsstücken, die häufiger als sonst gekauft wurden.
Umsatzeinbruch vor allem stationär
Allerdings trifft dies nicht alle Formate gleichermaßen. Vor allem der kleinbetriebliche Fachhandel sowie Kauf- und Warenhäuser stehen weiterhin zusehends unter Druck – vertikale Anbieter müssen ihre Filialnetze auf den Prüfstand stellen. Die stationären Vertriebskanäle verzeichnen bekanntermaßen einen erheblichen Umsatzeinbruch. Der BTE Handelsverband Textil nennt hier detaillierte Zahlen: Während der Marktanteil von Modegeschäften mit jährlichen Nettoumsätzen unter einer halben Million Euro laut der Umsatzsteuerstatistik für 2019 nur noch 5,8 % erreicht, liegt der Anteil der Großunternehmen mit Umsätzen über 100 Mio. Euro mittlerweile bei dem Rekordwert von 61,4 %.
Kleine Unternehmen verschwinden
Einher ging diese Entwicklung mit einem zahlenmäßigen Abschmelzungsprozess bei den kleinen Unternehmen: Waren im Jahr 2010 noch 18.869 Unternehmen mit Nettoumsätzen bis 0,5 Mio. Euro am Markt vertreten, so ist ihre Zahl im Jahr 2019 um 6.948 auf nur noch 11.921 gefallen. Das entspricht einem Rückgang von 37 %. Laut BTE schlossen allein in 2019 insgesamt 669 der kleineren Unternehmen (bis 0,5 Mio. Euro Netto-Umsatz) ihre Türen oder stiegen in die nächste Umsatzgrößenklasse auf. Insgesamt verschwanden im vorletzten Jahr per Saldo 714 selbständige Bekleidungsgeschäfte vom Markt. Ende 2019 gab es damit insgesamt nur noch 15.032 Unternehmen im stationären Bekleidungshandel.
Post-Corona-Prognose: Erholung in Sicht
Für das laufende Jahr 2021 rechnen die Experten des IFH Köln mit einer Erholung des Marktes – wenn auch mit einer Hochrechnung für das Marktvolumen, die immer noch zehn Prozentpunkte unter dem 2019er-Niveau liegt. E-Commerce-Umsatzanteile werden zumindest teilweise in den stationären Handel zurückfließen. Aber: Der Druck auf den Fachhandel bleibt und wird auch für Filialisten zunehmend spürbar. „Nach wie vor bestimmen bequeme, online-affine und zunehmend nachhaltige Konsumentinnen und Konsumenten mit einer hohen Anspruchshaltung die Nachfrage und stellen eine wesentliche Herausforderung für die Branche dar. In der Langzeitbetrachtung wird der Online- den Offlineanteil übersteigen und das Wachstum der Branche bestimmen“, so Fashionexperte Hansjürgen Heinick, Senior Consultant am IFH Köln.
Ein positives Vorzeichen zeigt sich hingegen wenig überraschend beim Online-Anteil der Branche: In erster Linie getrieben durch das pandemiebedingt ins Netz verlagerte Konsumverhalten steigt der Online-Anteil im Modemarkt um fast zehn Prozentpunkte auf knapp 40 % an. „Der Onlinehandel bleibt auch in Zukunft die große Herausforderung für den stationären Modehandel. Viele Händler haben in den Lockdowns die Chance ergriffen und auf Plattformen ihre Ware angeboten und auch verkauft – allerdings auch mit einem weinenden Auge. Denn die Rendite ist aufgrund der teilweise sehr hohen Provisionen und Kosten nur gering. Was, wo und wie im Internet angeboten wird, muss daher sehr genau überlegt werden. Gleichzeitig muss in die Attraktivität der Geschäfte und Kompetenz der Mitarbeiter:innen investiert werden, um den Konsumentinnen und Konsumenten die Frage zu beantworten, warum sie NICHT online kaufen sollten“, so Peter Frank, Senior Consultant bei der BBE Handelsberatung in München.