01.12.22 – Perlentaucher
Ist der stationäre Handel noch relevant?
Produkte sind heutzutage omnipräsent und von überall rund um die Uhr zu kaufen. Warum gehen Menschen also immer noch in ein Geschäft? Dieser Frage ging baby&junior u. a. mit dem Team von Perlentaucher auf den Grund.
In einer Stadt ohne Fachhandel fehlt etwas. Den stationären Fachhandel dabei nur als Nahversorger zu sehen, greift deutlich zu kurz, er ist so viel mehr. Doch wer als stationärer Fachhandel überleben will, muss nicht nur seine Sortimente hinsichtlich Rohertragskraft überarbeiten und ein immer engmaschigeres Kostenmanagement fahren, sondern seine Bedeutung für seine Kunden und Kundinnen überdenken. Zuviel Ware, zu wenig Einblick, zu viel Verborgenes – nicht jeder Kunde macht sich auf die Suche. Vor allem im Internet ist der Kauf nur wenige Klicks entfernt.
Ware mit allen Sinnen erleben
Warum gehen Menschen in einen stationären Laden, wo sie doch die Produkte viel bequemer und ggf. preiswerter in einem Onlineshop bestellen können? Das erklärt Britta Meyer von Perlentaucher, die seit 1996 inhabergeführte Einzelhandelsunternehmen berät: „Emotionen und Aktivitäten sind nirgendwo besser zu transportieren als im physischen Raum und in der direkten Interaktion miteinander. Vielleicht sind die Geschäfte irgendwann auch einmal Rückzugsorte in eine nostalgische Welt einzukaufen – bewusst weg vom Digitalen – hinein in Mensch zu Mensch-Beziehungen.“ Es geht also um die Lust auf persönliche Kommunikation, auf Freizeitaktivität und Unterhaltung in Kombination mit dem Verlangen, sich und ihren Lieben etwas zu gönnen.
Und so kommt es, dass vor dem POS die Erwartung in Richtung Point of Emotion und Point of Activity gelenkt werden sollte, um am Ende auch POS zu werden bzw. zu bleiben. Das Internet überfordert Kunden auch mit einer übergroßen Auswahl, bietet wenig Orientierung und bleibt eindimensional. Fachhändler treffen eine Vorauswahl und zeigen den Kunden im besten Fall ein kleines, feines und mit Bedacht zusammengestelltes Angebot, das schön präsentiert Interesse weckt und vor allem auch emotional anspricht. Hier kann ich die Ware mit allen Sinnen erleben und mir einen persönlichen Eindruck verschaffen. So definiert sich der Handel im günstigen Fall nicht mehr vorrangig über sein Sortiment, sondern über sein emotionales Profil.
Starker Markenbotschafter
Bei einem vielfältigen und guten Warenangebot fühlen sich die Menschen gut versorgt und es trägt dazu bei, dass eine Stadt, ein Viertel oder auch ein kleiner Ort attraktiv, lebendig und interessant ist. Schön gestaltete, interessante Schaufenster beleben das Straßenbild und laden zum Bummeln ein. Wenn Hersteller ein Interesse daran haben, den stationären Handel zu erhalten, dann müssen sie alles dafür tun, dass der Verkauf ihrer Produkte in der Fläche auch auskömmlich ist. Nicht zur vergessen: Der stationäre Handel ist ein starker Markenbotschafter. „Für uns zeichnet sich der stationäre Handel durch genau das aus, was auch unsere Buch- und Spielwelt ausmacht: ein Ort, der im wahrsten Sinne des Wortes zum Greifen und Begreifen einlädt, zum Informieren, ins Gespräch kommen und um gemeinsam Zeit zu verbringen. All das wird auch zukünftig nur beim Händler/bei der Händlerin vor Ort möglich sein“, sagt Stefano Orowitsch, Erfinder Bababoo and friends. Sein Ziel: nachhaltige Produkt-, Spiel- und Vertriebskonzepte entwickeln, die dem Fachhandel einen klaren Mehrwert bieten.
„Gute, besondere und schön zusammengestellte Ware ist wichtig aber im Zweifel austauschbar, der Einkauf im Stationären Fachhandel muss daher heute abwechslungsreiche Erlebnisse bieten, Emotionen wecken und die Kunden mit der Inszenierung der Ware auf sich aufmerksam und neugierig machen. Eine fachlich gute, persönliche und begeisternde Fachberatung tut ihr übriges. Das sollten auch die Hersteller bedenken, für die es kaum eine bessere Werbung in Richtung Kunde gibt, als eine Empfehlung ihrer Produkte vom ,Händler des Vertrauens‘. Inszenierung und Beratung bieten den Kunden Orientierung und geben Entscheidungshilfen“, fügt Britta Meyer hinzu. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen hilft sie Händlern und Händlerinnen dabei, sich und das Besondere ihres Geschäftes herauszustellen, ihre „Perlen“ zum Glänzen zu bringen. Und die perfekte Perle ist ein Geschäft, in das die Menschen immer wieder gerne kommen, weil es sie in all ihren Bedürfnissen abholt.