28.10.15 – Nachhaltigkeit
GOTS & Trittbrettfahrer
Fremde Federn: Immer häufiger wird mit dem GOTS-Siegel geworben – nicht jedesmal zu Recht.
GOTS – der Global Organic Textile Standard – gilt weltweit als Goldstandard für die nachhaltige Herstellung von Textilien aus Bio-Fasern. Er bezieht sich auf alle Produktionsstufen und berücksichtigt auch soziale Aspekte. Die strengen Kriterien für die Zertifizierung erfüllen nur die wenigsten Betriebe. baby&junior-Chefredakteurin Lioba Hebauer hat sich erkundigt.
Hersteller, die selbst nicht GOTS-zertifiziert sind, verwenden GOTS-zertifizierte Stoffe für die Herstellung von Bekleidung, textilen Mode-Accessoires, textilen Spielzeugen, Heimtextilien und Bettwaren – und werben mit dem Textilstandard; teils sogar mit dem Abdruck des Siegels.
„Firmen, die dies tun, schmücken sich als Trittbrettfahrer mit fremden Federn“, ärgert sich Ingo Hecking. Das Logo ohne Zertifizierung? „Das ist im B2B-Geschäft nicht erlaubt“, urteilt Claudia Kersten, deutsche GOTS-Repräsentantin. „Die Logoverwendung wäre eine (gerichtlich) zu verfolgende Markenrechtsverletzung, denn ein nicht-zertifizierter Betrieb darf das Logo nicht verwenden.“
baby&junior: loud + proud ist ein GOTS-zertifiziertes Unternehmen. Sie ärgern sich über eine wachsende Zahl von Herstellern, die ebenfalls mit dem Zertifikat GOTS für sich werben, obwohl sie nicht zertifiziert sind.
Ingo Hecking: „Das GOTS-Logo tragen Produkte, deren komplette Produktionskette von der Gewinnung der Rohstoffe bis zum Versand der Produkte an den Handel nach den strengen Kriterien des Global Organic Textile Standard zertifiziert ist. Der Clou an dieser Zertifizierung ist die Lückenlosigkeit. Selbstverständlich ist es löblich, wenn ein Unternehmen den Stoff eines GOTS-zertifizierten Lieferanten verwendet. Aber dies ist natürlich nur ein Ausschnitt der Produktionskette. Diese Aussagen sind nicht überprüfbar und nicht Teil eines Zertifizierungsprozesses. Niemand weiß, zu welchen Bedingungen der Stoff weiterverarbeitet und vielleicht bedruckt wird. Das Herausstellen einzelner Teile der Produktionskette als konform zu einem Standard, der nur die gesamte Produktionskette betrifft, täuscht Handel wie Verbraucher und ist nicht erlaubt.“
baby&junior: Worauf müssen Ihrer Erfahrung nach Händler (und Endverbraucher) achten, die zweifelsfrei nachhaltig produzierte Kindermode ordern (bzw. einkaufen) wollen?
Ingo Hecking: „Nachhaltigkeit ist zum Modethema geworden. Auf vielen Webseiten von Herstellern findet man Nachhaltigkeits-Strategien, die bei genauerer Betrachtung nur gesetzliche Mindestanforderungen widerspiegeln. Andererseits gibt es genug Hersteller, die echte Nachhaltigkeits-Kriterien seit langer Zeit übertreffen und das nicht mit einem Zertifikat an die große Glocke hängen. Da Handel und Endverbraucher in der Regel nicht die Möglichkeit haben, genauer nachzuforschen, ist ein Standard wie GOTS so hilfreich. Die unabhängige Zertifizierung der gesamten Produktionskette ist ein wirkungsvoller und pragmatischer Ansatz, der für uns als kleines Unternehmen eine Herausforderung darstellt, aber auch eine gewisse Sicherheit, dass unsere Lieferanten in Sachen Nachhaltigkeit die gleichen Kriterien erfüllen. Diese Sicherheit bietet GOTS auch Handel und Endverbrauchern, allerdings nur, wenn die Produkte das GOTS-Logo mit der überprüfbaren Lizenznummer des Herstellers tragen. Ein bisschen GOTS gibt es nicht.“
Lesen Sie hier den Kommentar der deutschen GOTS-Repräsentantin und Marketingdirektorin Claudia Kersten!
Und hier geht's zum GOTS-Video-Clip!