18.07.23 – BDKH

Statement zu geplanten Kürzungen für Familien

Im Haushaltsentwurf für 2024 und der Finanzplanung bis 2027 werden Mittel für Kinder und Familien gekürzt. Der BDKH hält diese Einsparungen für das falsche Signal.

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Michael Neumann, Geschäftsführer des BDKH. © BDKH

 
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Dr. Alessandro Zanini, Vorstandsvorsitzender des BDKH. © BDKH

 

Im kommenden Jahr soll der Haushalt um rund 30 Mrd. Euro niedriger sein als im laufenden Jahr (476,3 Mrd. Euro). Von den Kürzungen ist v. a. der Sozialbereich betroffen. Auch das Bildungsministerium soll nach dem Haushaltsentwurf für 2024 und der Finanzplanung bis 2027 weniger Geld bekommen, der Bereich Verteidigung dagegen mehr. Im Kabinett wurde bislang v. a. um die ab 2025 geplante Kindergrundsicherung und das neue Elterngeld der Bundesfamilienministerin heftig gerungen. Hier will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereits im Vorfeld massiv einsparen.

Falsches Signal der Bundesregierung

„Die geplanten Einsparungen sind vor dem Hintergrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten eine doppelte Kürzung und gesellschaftlich absolut kontraproduktiv“, betont Michael Neumann, Geschäftsführer des BDKH. „Denn tatsächlich spart die Bundesregierung hier an der Zukunft der Jüngsten und Schwächsten, statt in ihrem Interesse zu handeln. Das, was wir heute nicht in Kinder und junge Menschen investieren, wird uns als Gesellschaft in einigen Jahren teuer zu stehen kommen. Familien mit wenig Geld sind besonders benachteiligt und brauchen unsere Unterstützung. Als Verband der Kinderausstattungs-Hersteller setzten wir uns für bestmögliche gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen für Familien und Kinder ein.“

Worum geht’s im Einzelnen?

In der geplanten Kindergrundsicherung sollen künftig verschiedene familienpolitische Leistungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem SGB II/XII, der Kinderzuschlag sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepakets zusammengefasst werden. Von den ursprünglich beantragten Geldern bleiben im ungünstigen Fall ab 2025 jährlich nur zwei Mrd., maximal sieben Mrd. Euro übrig. Laut Kanzler Olaf Scholz soll die Kindergrundsicherung zumindest bei ärmeren Kindern zu höheren Sozialleistungen führen. Vor diesem Hintergrund ist allerdings dringend eine Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums von Kindern notwendig, das aktuell wesentliche Ausgaben von Familien nicht berücksichtigt. Das Bundesfamilienministerium erarbeitet aktuell den Gesetzesentwurf, der nach der Sommerpause im Kabinett vorgelegt werden soll.

Nach den Plänen der Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) zum neuen Elterngeld, sollen Spitzenverdiener die Lohnersatzleistung nicht mehr bekommen. Die Einkommensgrenze wird von 300.000 Euro brutto pro Jahr und Haushalt auf 150.000 Euro gesenkt. Nun ist das ein Problem, das statistisch gesehen die obersten 5 % der kinderlosen Paare betrifft. Aber nach der Geburt eines Kindes sieht es eben anders aus: Dann bleibt nur noch ein Einkommen – ohne Elterngeld – um bei den aktuell hohen Mietpreisen die Versorgung einer drei- oder mehrköpfigen Familie zu bewerkstelligen. Die Neuerung wird dazu führen, dass Geld wieder eine größere Rolle spielt und Mütter im Vergleich zu Vätern noch häufiger zu Hause bei den Kindern bleiben als ohnehin schon – mit den bekannten Konsequenzen für das Lebenserwerbseinkommen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit Sitz in Köln hat berechnet, dass von der neuen Regelung bis zu 435.000 Paare in Deutschland betroffen sein könnten. Wenn Christian Lindner behauptet, Haushaltspolitik wieder „aus den Augen der Kinder“ zu betreiben, die auch einen handlungsfähigen Staat erwarten dürfen, klingt das mehr als sarkastisch. Mehr noch, es sei „Kinderzukunftssicherung“, den Staat nicht dauerhaft in seinen Finanzierungsmöglichkeiten zu überfordern, so der Bundesfinanzminister. Gleichzeitig wurde im Juni bekannt, dass die Bundesregierung den US-Technologieriesen Intel für den Bau einer einzigen Chipfabrik in Magdeburg mit rund zehn Mrd. Euro fördert. Das ist der Betrag, um den der Antrag der Bundesfamilienministerin zur Kindergrundsicherung im ungünstigsten Fall gekürzt wird – von zwölf auf zwei Mrd. Euro jährlich.

Forderung einer Nachbesserung

„Wir werden uns dafür einsetzen, dass der bisherige Haushaltsentwurf nachgebessert wird. Wir halten den Beschluss der Bundesregierung für inakzeptabel“, unterstreicht Dr. Alessandro Zanini, Vorstandsvorsitzender des BDKH. „Mehr als jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene gelten in Deutschland als armutsgefährdet. In Zahlen sind das 2,9 Mio. Kinder und Jugendliche, dazu 1,6 Mio. junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren. Auch Alleinerziehende und Familien mit drei und mehr Kindern sind besonders betroffen. Nach der Pandemie kam die Angst vor einem Krieg in Europa und rasante Preissteigerungen. Im vergangenen Jahr sank in Deutschland die Geburtenrate um mehr als sieben Prozent! Junge Familien brauchen mehr denn je Vertrauen in eine kinderfreundliche Zukunft, keine weiteren Mittelkürzungen.“

Wie geht es weiter?

Der Entwurf des Bundeshaushaltsplans wird vom Finanzministerium erstellt und von der Bundesregierung beraten und beschlossen. Damit er in Kraft treten kann, muss er im Bundestag und Bundesrat beraten werden. V. a. der Bundestag kann über das sog. „Budgetrecht“ noch große Änderungen veranlassen. Nur mit einer Mehrheit des Bundestags kann der Haushaltsplan schließlich gegen Jahresende zum Gesetz werden. Es bleibt also die Hoffnung, dass die Mittel für Kinder und Eltern noch einmal neu verteilt werden.

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