14.06.15
Schluss mit dem Spagat!
Felicitas Richter fordert im gleichnamigen Buch aus dem Südwest Verlag, dass Eltern aufhören, sich zwischen Familie und Beruf zu zerreißen. Dafür hat die studierte Diplom-Sozialpädagogin die Erfolgsmethode „simple present" entwickelt. Was das bedeutet, erklärt die Autorin höchstpersönlich – im Interview mit baby&junior:
baby&junior: Frau Richter, Sie geben den Rat, gar nicht erst zu versuchen, alle Lebensbereiche zu vereinbaren. Was tun Sie damit?
Felicitas Richter: „Gelingende Vereinbarkeit bedeutet landläufig, einen guten Job und eventuell Karriere zu machen, die Kinder gut zu erziehen, sich Zeit für die Partnerschaft zu nehmen ... In jedem dieser Lebensbereiche fallen Aufgaben an, sind Erwartungen zu erfüllen, Entscheidungen zu treffen. Momentan gibt es zwei Richtungen der Diskussion: ‚Das geht doch gar nicht – Vereinbarkeit ist eine Lüge!' oder ‚Das ist alles eine Frage der Organisation'. Beiden gemeinsam ist der Blick nach außen – auf all das, was zu stemmen und zu erledigen ist. Eltern haben dann das Gefühl, nur noch zu re-agieren, den Anforderungen von Familie und Beruf hinterherzuhetzen. Klar, dass das stresst.
Ich sage: Hör auf damit, deine Energie zu vergeuden, weil du alles unter einen Hut bringen willst! Wichtig ist, dass du selbst unter dem Hut bleibst und dich nicht zerreißt, weil du überall gleichzeitig sein sollst. Also: Bleib bei dir und du kannst überall sein – aber mach eines nach dem anderen und immer nur eines gleichzeitig! Und: Du wirst dadurch nicht weniger schaffen oder mehr Zeit brauchen. Du wirst die wirklich wichtigen Dinge tun. Und bei Kräften bleiben."
baby&junior: Warum ist „simple present" nicht nur für Eltern hilfreich, sondern sozusagen eine Universal-Methode zur Alltagsbewältigung?
Felicitas Richter: „Menschen, die im guten Sinne anspruchsvoll sind, etwas bewegen wollen und sich engagieren – auf der Arbeit, in der Pflege Angehöriger, im Verein oder in der Gemeinde – fühlen sich oft gehetzt. Sie verausgaben sich und geraten dann schnell in eine der drei Fallen: Perfektion, Stress oder Erschöpfung.
‚simple present' (engl. Zeitform ,einfache Gegenwart') hilft ihnen, denn es fordert auf: Warte nicht auf bessere Zeiten, auf den Feierabend oder das Wochenende! Sei engagiert – aber dabei fokussiert; du darfst manches perfekt machen wollen – aber beteilige andere; lebe ein aufregendes Leben – aber bleib dabei entspannt! ‚simple present' ist also für jeden Menschen hilfreich, der ein aktives Leben führt."
baby&junior: Was sind die drei Grundvoraussetzungen dafür, dass „simple present" funktioniert?
Felicitas Richter: „Erstens: Ich beteilige andere. Der Rennfahrer Mika Häkkinen soll gesagt haben: ,Du gewinnst nie allein. An dem Tag, an dem du was anderes glaubst, fängst du an zu verlieren.' Andere zu beteiligen ist etwas anderes als Aufgaben zu delegieren. Es geht darum, sich an einen Tisch zu setzen, zu schauen, was ansteht und gemeinsam zu überlegen, wer was wie machen kann und was wegfallen darf. Das gilt für die Familie genauso wie für das Team im Job.
Zweitens: Ich wende mich bewusst zu – einer Aufgabe, einem Menschen, einer Frage. Schluß mit Multitasking! Wenn wir zu viel gleichzeitig machen, rauscht das Leben an uns vorbei. Wenn es uns gelingt, uns auf den Augenblick und das, was gerade ,dran' ist zu konzentrieren, geben wir der Zeit mehr Qualität, nehmen intensiver unsere Umgebung wahr und bleiben länger bei Kräften.
Drittens: Ich halte inne. Statt ,Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!' bedeutet dies ,Arbeit mit Vergnügen'. Es geht darum, mitten im Trubel immer wieder Mini-Pausen einzulegen, die Aufmerksamkeit zu schulen und sich bewusst zu entspannen. Dazu braucht es weder zusätzliche Zeit noch Anstrengung."
baby&junior: Gibt es bestimmte Produkte für Kinder, die das Alltagsleben nach Ihrer Methode vereinfachen? Welche und warum?
Felicitas Richter: „Für mich das ultimative Produkt Nr. 1 ist eine richtig gute und passende Babytrage, in der ich das Baby erst vor dem Bauch und später (ruhig bis zum 4. Lebensjahr – wenn das Kind mal krank ist, braucht es viel Zuwendung) auf dem Rücken tragen kann. Dabei verbinde ich nämlich die Nähe zum Kind mit dem, was ich erledigen möchte. Ich muss nicht hin- und herspringen, sondern bin ganz bei mir, beim Kind und bei dem, was ich tue. Bei meinem jüngsten [mehr]