15.01.25 – Interview mit Eugen Chakhnovitch

„Modehäuser und Boutiquen müssen Emotionen und Erlebnisse vermitteln“

Eugen Chakhnovitch arbeitet seit über 15 Jahren in der Kidsfashion-Industry. Im Interview mit baby&junior erklärt er, wie Messeveranstalter und Einzelhändler ihre Besucher bzw. Kunden auch in Krisenzeiten begeistern können.

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Eugen Chakhnovitch © Eugen Chakhnovitch

 

baby&junior: Herr Chakhnovitch, würden Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?

Eugen Chakhnovitch: Mein Name ist Eugen Chakhnovitch, 38 Jahre jung und ich bin seit über 15 Jahren in der Kidsfashion-Industry tätig. Ganze zehn Jahre war ich als Verkaufsleiter der C.W.F. (Children Worldwide Fashion) Gruppe für Deutschland tätig und habe Marken wie Givenchy, Chloé, Kenzo oder Billieblush in Deutschland etabliert und die Brands bekannt gemacht. Heute buchen mich Modehäuser, Boutiquen oder Brands, um ihr Business zu erweitern und international aktiv zu sein. Meine Stärken liegen in der Realisierung von Wachstum, Marketing und Networking.

baby&junior: Die Kindermodebranche steckt seit einiger Zeit in der Krise. Woran liegt das?

Eugen Chakhnovitch: Die Zeit der Krisen sollten wir perfekt nutzen, um zu wachsen und neue Möglichkeiten zu sehen, oder? Leider beschäftigen wir uns viel zu viel mit dem Negativen und der Angst, anstatt neue Chancen zu sehen und zu handeln. In meiner Selbstständigkeit schaue ich über den Tellerrand hinaus und schaffe neue Möglichkeiten in einer „Krise“. Bereits im Januar 2024 habe ich zusammen mit dem Supreme-Team über 322 Marken auf die Kindermesse nach München gebracht, und das inmitten einer „Krise“. Die Messe war zum ersten Mal nach vielen Jahren ausverkauft und internationale Marken wie Tutu du Monde aus Australien, SWP by Irina aus US oder Roarsome aus England haben internationalen Glamour nach München gebracht. In diesen neun Monaten habe ich mich auf Lifestyle und Nischenmarken konzentriert und die Messe durch Aktivitäten wie dem Family Circle (Marketplace) ausgebaut und an allen drei Messetagen Entertainment geboten.

baby&junior: Zu Ihren Kunden zählen aber auch Einzelhändler, richtig?

Eugen Chakhnovitch: Genau, zum Beispiel der Petite Poupette Store, der gerne als „Main-Player“ in der Kidsfashion-Industry bezeichnet wird, und über drei Standorte in Hamburg bespielt. Dazu gehört auch der Megastore am Neuen Wall 86, der mit Marken wie Moncler, Stone Island, Bonpoint oder Gucci die Stellung hält. In kurzer Zeit konnten wir einen PopUp im 5* Moar Gut Hotel in Österreich eröffnen, und einen Baby-PopUp im Elino Spa, wo zwischen dem Baby Floating und einer Babymassage auch geshoppt werden kann. Seit der Neueröffnung im Mai 2024 begleite ich auch den Concept-Store „Touch of L“ in Wiesbaden, der auf über 200 m² Entertainment bietet: Durch eine Popkornmaschine darf sich z. B. jeder am Wochenende mit Bio-Popcorn eindecken und ein DJ an der Bar sorgt für ein einzigartiges Shopping-Erlebnis. Kreativität und Individualität sind gefragt und Entertainment, das das Publikum dankend annimmt und eine enge Beziehung zu einem Geschäft prägt.

baby&junior: Online-Shopping, Social Media und Anbieter wie Temu: Wie können es Modehändler schaffen, ihre Kunden vor Ort zum Kauf zu animieren?

Eugen Chakhnovitch: Heute wird es den Kunden leicht gemacht, 24/7 können sie von überall alles bestellen und wenn es nicht passt, schicken sie es einfach wieder zurück. Erlebnisse passieren aber im stationären Einzelhandel, oder beim Schlendern durch die Einkaufsstraße. Die Modehäuser und Boutiquen müssen Emotionen und Erlebnisse vermitteln, um ihre Kunden zu unterhalten.

baby&junior: Auch Modemessen haben es nicht leicht: Worauf kommt es hier heute an?

Eugen Chakhnovitch: Eine Messe ermöglicht uns heute, neue Produkte vorzustellen und damit in den direkten Austausch mit dem Einzelhändler zu gehen. Die Messen sollten zum Pflichttermin für jeden sein, der nicht nur die neuen Kollektionen sehen möchte, sondern auch das Networking mit anderen Einzelhändlern sucht. Hier liegt es auch im Interesse des Einzelhändlers, neue Produkte und Kategorien auf der Messe für sich zu entdecken und sein Portfolio zu erweitern. Die deutschen Messen dienen heute eher als Orderplattform und nicht als Inspirationsquelle, was viele Jahre gut funktioniert hat, doch Erfahrungen zeigen, dass Neuheiten auch neues Publikum mitbringen und das Interesse von außen wecken. Der Besucher möchte heute nicht auf drei verschiedene Messen gehen, um drei verschiedene Kategorien zu sehen, sondern er möchte alles auf einer Veranstaltung haben, um direkt vergleichen und seine Strategien besser planen zu können.

baby&junior: Wie ist Ihre Einschätzung: Wohin geht die Reise im Bereich Kidsfashion?

Eugen Chakhnovitch: Die Reise bleibt weiter spannend, am Ende wird es nicht um die Mode oder Marke gehen, sondern darum, wer hinter der Marke steht. Schauen wir uns die großen Labels an: Es geht immer um das Marketing, wer trägt heute was und wer investiert in seine Brand. Der Handel in Mode wird viel schneller reagieren müssen und Marken aussortieren, die ihre Hausaufgabe nicht gemacht haben. Heute ist es entscheidend, wer geht weiter und wer bleibt stehen.