04.03.21 – Stellungnahmen zum Corona-Gipfel

Ergebnisse sind eine „Katastrophe“

Der Handelsverband Deutschland (HDE) und der Bundesverband Textil (BTE) reagieren enttäuscht auf die gestrigen Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern. Dem Handel drohen weitere Milliardenverluste.

Frau mit Maske Geschäft

Die Beschlüsse frustrieren: Viele Geschäfte müssen weiterhin geschlossen bleiben oder dürfen nur via „Click & Meet“ öffnen. © Jewgeni Schemjakin - stock.adobe.com

 
HDE-Hauptgeschaeftsfueherer.jpg

HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth © Handelsverband Deutschland (HDE)

 

Der Handelsverband Deutschland (HDE) reagiert mit Enttäuschung und Unverständnis auf die gestrigen Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern. „Die Ergebnisse des Corona-Gipfels sind für den Einzelhandel eine Katastrophe. Faktisch wird der Lockdown damit trotz aller theoretischen Perspektiven für die große Mehrheit der Nicht-Lebensmittelhändler bis Ende März verlängert“, kommentiert HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Die für eine Wiedereröffnung aller Geschäfte als Bedingung genannte, stabile Inzidenz von unter 50 sei auf absehbare Zeit wohl nicht flächendeckend zu erreichen. Und auch die Möglichkeiten für den Einkauf nach Terminvergabe („Click & Meet“) könnten für die allermeisten Geschäfte kein wirtschaftlicher Rettungsanker sein, so der HDE. Denn dabei seien in der Regel die Personal- und Betriebskosten höher als die Umsätze. Bereits im Vorfeld kritisierte der HDE die geplanten Corona-Maßnahmen in einem Schreiben an das Bundeskanzleramt: „Die im Entwurf vorgesehenen Möglichkeiten (...) sind nach Auffassung des HDE kein deutlicher Schritt hin zu der lange überfälligen Öffnungsstrategie für den gesamten Einzelhandel.“

„Nicht mehr zu verkraften“

Die Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. März kostet die geschlossenen Handelsunternehmen nach HDE-Schätzung im Vergleich zum letzten normalen Jahr 2019 rund 10. Mrd. Euro Umsatz. „Ende März sind viele Händler dann seit mehr als 100 Tagen geschlossen. Das ist nicht mehr zu verkraften. Die Politik nimmt ihre Verantwortung für die zwangsgeschlossenen Händler nicht wahr. Denn gleichzeitig kommen die staatlichen Hilfszahlungen nur schleppend und spärlich an“, so Genth weiter. Die Corona-Maßnahmen sollten sich nicht an symbolträchtigen Branchen wie dem Handel abarbeiten, sondern sich an der jeweiligen Infektionsgefahr orientieren. Der HDE verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Einschätzung des Robert-Koch-Instituts, wonach die Infektionsgefahr beim Einkauf unter Beachtung von Hygienemaßnahmen niedrig ist.

Bundesweite Initiative

 Zuvor hatte bereits eine Studie der Berufsgenossenschaft für Handel und Warenlogistik (BGHW) sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) deutlich gemacht, dass für die Beschäftigten im Handel kein erhöhtes Infektionsrisiko besteht.

Neben der Inzidenz sollte außerdem die Auslastungsquote der Intensivbetten für Öffnungen in den Blick genommen werden, fordert die bundesweite Initiative „Das Leben gehört ins Zentrum“ in ihrem Positionspapier. Zu den Teilnehmern der Initiative zählen neben dem HDE auch Branchenriesen wie s.Oliver, Thalia, H&M, Mediamarkt und Saturn sowie Fashion-Dienstleister Katag.

„Die Politik orientiert sich weiter stur ausschließlich an Inzidenzwerten. Dieses Vorgehen erscheint zunehmend fragwürdig. Es gibt keine vernünftigen Argumente, den Einzelhandel jenseits aller wissenschaftlichen Erkenntnisse einfach weiterhin geschlossen zu halten. Hier wird ohne nachvollziehbare Gründe die Kernbranche der Innenstädte geopfert“, so Genth. Der Handelsverband setzt sich weiterhin für eine zeitnahe und komplette Öffnung aller Geschäfte unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln ein.

Modehandel enttäuscht über Lockdown-Beschlüsse

Auch der Modehandel zeigt sich enttäuscht: „Was uns die Politik vorgelegt hat, erfüllt unsere Forderungen bei weitem nicht. Weitere Modehändler werden so in den Ruin getrieben, weil die Politik immer nur auf die Inzidenzwerte schaut. (...) „Die Politik verhält sich gegenüber unserer Branche nach wie vor verantwortungslos“, kritisiert BTE-Präsident Steffen Jost. Das Termin-Shopping sei längst nicht für alle Geschäfte hilfreich. „Für kleinere Geschäfte mit hoher Beratungsorientierung mag das ein sinnvoller Zwischenschritt sein, bei frequenzstarken Häusern liegen die Kosten des Termin-Shoppings vielfach aber über den zu erwartenden Umsätzen.“

Der Umsatz mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren brach im Januar um fast 80 % gegenüber Januar 2020 ein. Für den Februar geht der Branchenverband von ähnlich hohen Einbußen aus, das Vor-Oster-Geschäft werde zudem „massiv behindert oder sogar komplett sabotiert“. Jost kritisiert zudem die Unausgereiftheit der Maßnahmen: „Während sich anderenorts anonyme Kundenmassen an der Kasse drängeln, müssen die vergleichsweise wenigen Kunden im Mode-, Schuh- und Lederwarenhandel aufwändige Anmelde- und Registrierungs-Prozeduren über sich ergehen lassen.“