30.07.13 – EU Spielzeugverordnung

Licht in die Lieferkette

Die EU Spielzeugverordnung ist gerade wieder in aller Munde. Denn am 20. Juli wird nach einer Übergangsfrist auch ihr letzter Teil – mit den chemischen Anforderungen – in Kraft treten.

Auf einem Seminar des Prüf- und Zertifizierungsdienstleisters SGS in Fürth wurde nun ein Projekt vorgestellt, das zusammen mit dem Deutschen Verband der Spielwarenindustrie (DVSI) und weiteren Partnern dafür sorgen soll, dass mehr Transparenz bei der Produktion aus Asien gelingt.

Vor dem Härtetest im Kinderzimmer kommt der Test im Labor. Überprüft werden auch die Akteure der gesamten Produktionskette von Spielwaren. Foto:...

Vor dem Härtetest im Kinderzimmer kommt der Test im Labor. Überprüft werden auch die Akteure der gesamten Produktionskette von Spielwaren. Foto: SGS-Gruppe Deutschland

 

Spielwaren herzustellen und dabei alle rechtlich relevanten Richtlinien und Normen einzuhalten ist wahrlich kein Kinderspiel. Da gibt es zum einen die EN Normen der 71er Reihe – am 20. Juli 2013 endet die vierjährige Übergangsfrist der EN 71-3 mit weitreichenden Anpassungsforderungen an die Spielwarenindustrie. Da gibt es aber auch eine Vielzahl von ergänzenden Normen und staatlichen europäischen Regeln mit deutscher Umsetzung, darüber hinaus recht nüchterne Tabellen zu CMR-Stoffen, verbotenen AZO-Farben und der Entsorgung von Batterien und Elektroschrott. Und über allem droht mit erhobenem Zeigefinger REACH und RAPEX.

Trotz aller Verordnungen und Regeln wurde 2012 deutlich mehr riskantes Spielzeug entdeckt als noch im Jahr zuvor. Laut RAPEX-Bericht der EU-Kommission landete Spielzeug dabei gleich nach der Kleidung auf Platz zwei der unschönen Liste. Ein Großteil der gefährlichen Ware stammt aus China. Kein Wunder, denn insgesamt werden 87 % der Spielwaren in den EU-Mitgliedstaaten in Asien produziert, erläuterte der Jurist Wolfgang Senft. „Immer wieder setzen Produktrückrufe die ganze Branche in schlechtes Licht“, monierte er auf dem Spielwaren-Seminar der SGS in Fürth. Jürgen Jagoschinski, beim DVSI verantwortlich für Spielzeugsicherheit, erklärt: „Leider ist es so, dass die Zusammenarbeit der deutschen Firmen mit den chinesischen Lieferanten in den Prozessabläufen Lücken hat und es deshalb zu fehlerhaften bzw. nicht normkonformen Produkten kommt. Es sind häufig Verständigungsprobleme und die mangelhafte Weitergabe von wesentlichen Produktanforderungen, die zu Problemen führen.“ Und zwar im Inland, denn: „Europäische Inverkehrbringer, die in Asien produzieren lassen, tragen die Verantwortung, die Rückverfolgbarkeit über die gesamte internationale Produktlieferkette hinweg zu gewährleisten“, betont Jürgen Jagoschinski. „Mit der Verschärfung der Spielzeugrichtlinie werden die gemeldeten Fälle schadhafter Produkte voraussichtlich steigen. Mit Blick auf die verzweigten globalen Lieferketten ist ein engmaschiges Kontrollsystem erforderlich, um bei Produktrückrufen im Sinne von Markt und Kunde schnell Schadensbegrenzung betreiben zu können.“

Einführer und Händler von Spielzeug geraten dabei zunehmend unter Druck, denn sie müssen mit der Umsetzung der EG-Richtlinie 2009/48/EG überprüfen, ob für ein Spielzeug, das in Verkehr gebracht werden soll, ein Konformitätsbewertungsverfahren vom Hersteller durchgeführt wurde. Sie gewährleisten, dass der Hersteller die technischen Unterlagen erstellt hat, dass das Spielzeug mit dem EG-Konformitätskennzeichen versehen ist, dass erforderliche Unterlagen beigefügt sind und dass Seriennummer und Herstelleranschrift am Produkt vermerkt sind. Die Hersteller müssen sicherstellen, dass die Rohmaterialien, Produktions- und Lieferketten der Produkte transparent sind und eine dauerhafte Qualität sichergestellt werden kann. Durch reine Überwachungsmaßnahmen kann der hohe Sicherheitsanspruch aber nicht mehr gewährleistet werden.

Und hier soll das Projekt von SGS und DVSI ansetzen: In Abstimmung mit den asiatischen Lieferanten sollen als Dienstleistung in einem bezahlbaren und sicheren Prozess Materialien erfasst, Qualitätslevel festgelegt, Lieferanten auditiert und Spielwaren-Produktionen geprüft werden.„Unsere langjährige Prüferfahrung belegt, dass Qualitätsstandards und Rückverfolgbarkeit mit einem ganzheitlichen Anspruch am besten durch die Marktakteure selbst angestoßen werden können. Deshalb sammeln wir in der Pilotphase des Projekts zunächst Informationen bei namhaften deutschen Spielzeugherstellern, um die bestmöglichen Prozessabläufe zu identifizieren“, sagt Bernd Jiptner, Spielzeug-Experte beim Prüfkonzern SGS. „Es sind Lieferantenaudits, Materialprüfungen und Produktionsscreenings geplant. Die Ergebnisse sollen in eine Online-Datenbank einfließen, in der Zertifikate und Prüfberichte passwortgeschützt für angemeldete Spielzeughersteller einsehbar sind.“

Auch die eigenen Lieferanten und Materialien können dann von einem Hersteller auf Wunsch anonym getestet werden. Neben Produktkonformität und Rechtssicherheit, soll das Angebot einen abgesicherten Material- und Lieferantenpool gewährleisten und darüber hinaus eine schnelle Reaktion im Schadensfall ermöglichen.

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