08.09.22 – Fachhandel ist mehr denn je gefordert

BDKH-Trendbericht 2022

Welche Entwicklungen beeinflussen die Branche? Wie verändert sich der Markt für Kinderwagen & Co.? Und welche Produktfeatures werden uns überraschen? Antworten darauf gibt der neue Trendreport des Bundesverbands Deutscher Kinderausstattungs-Hersteller e. V. (BDKH).

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Dank KI lassen sich aus Texteingaben kreative Bildkompositionen generieren, mit denen Ideen noch gezielter visualisiert werden können. © BDKH/ARkid

 
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Die smarte „Connected Home“-Range von Maxi-Cosi sorgt für allumfassende Sicherheit und Komfort. © Dorel

 

Noch zum Jahreswechsel zeigt sich die Branche optimistisch. In Deutschland freut man sich über die höchste Geburtenrate seit einem Vierteljahrhundert. Für 2021 zählt das Statistische Bundesamt rund 795.500 Neugeborene. Vor allem in den westlichen Bundesländern steigt die Geburtenziffer – um 5 % in Baden-Württemberg, in Bayern und Hessen jeweils 4 %. Allerdings wird schnell klar, dass wohl viele Babys pandemiebedingt „vorgezogen“ wurden. Anfang dieses Jahres bleiben mehr Wiegen leer als üblich. Und statt aus der Corona-Pandemie zu kommen, rutschen Konsumgütermärkte und Einzelhandel durch den russischen Angriffskrieg gleich in den nächsten Krisenmodus. Zu Lieferengpässen kommen massive Preissteigerungen, eine Inflation bis 7 % und die Aussicht auf hohe Mehrkosten für Gas, Öl und Benzin. Das Konsumklima ist spürbar gedämpft und stürzt im August auf ein Rekordtief. Der Einzelhandel hat bereits im ersten Halbjahr mit starken Umsatzeinbrüchen zu kämpfen.

Gleichzeitig öffnen 2022 die Messeveranstalter wieder ihre Tore – bei zunächst zögerlicher Akzeptanz von Ausstellern und Besuchern. Die, die kommen, merken nach Monaten des Homeoffice und täglichen Zoom-Konferenzen, wie sehr man den persönlichen Austausch vermisst hat. „Das Learning war, dass es nicht ohne Messe geht“, sagt Michael Neumann, Geschäftsführer des BDKH. „Klar ist aber auch, dass die Veranstaltungen im B2B- wie im B2C-Bereich nicht mehr so sein werden wie früher. Die digitale ‚Verlängerung‘ wird fester Bestandteil der physischen Messen sein.“

Made in Europe

Nicht erst seit der Ukraine-Krise werben Hersteller wieder deutlicher mit ihrer Historie und den europäischen Standorten für Entwicklung und Produktion. Kinderwagen und Autokindersitze von Britax Römer werden in Deutschland und Großbritannien hergestellt. Peg Perego spricht als Familienbetrieb mit Stolz von in 70 Jahren gewachsenen italienischen Wurzeln. Träumeland betont auch aus ökologischen Gründen den Produktionsstandort Österreich und die damit verbundenen kurzen Lieferketten. Diese Strategie erweist sich im Krisenmodus für viele Unternehmen als großer Vorteil.

Die Elternansprache ändert sich

Junge Eltern informieren sich mittlerweile genau darüber, ob Marken und Unternehmen ihren Werten entsprechen. Die Frage, ob Unternehmen sich für Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Diversity einsetzen, ist für die Gen Z und Gen Alpha wichtig. Sie werden als erste Digital Native-Generation in den kommenden Jahren die noch ohne Smartphone aufgewachsenen Millennials als Eltern verdrängen.

Der Fachhandel ist damit mehr denn je gefordert. Michael Neumann: „Er muss ein echtes Einkaufserlebnis und einen Mehrwert liefern; einen Ort, an dem sich die Kunden wohlfühlen und eine empathische Beratung bekommen. Sie wollen Produkte erleben und echte Innovationen sehen. Und hier kommen die Markenhersteller ins Spiel, die den Fachhandel dabei unterstützen.“

Wo dieses Zusammenspiel nicht funktioniert, nimmt die direkte Ansprache der jungen Zielgruppe durch die Hersteller zu. Das geschieht vorzugsweise über das Smartphone und Social Media. Dabei müssen Sprache und Bilder stimmen. Die neue Elterngeneration legt Wert auf ehrliche Informationen. Als glaubhaft empfunden werden zum Beispiel Gütesiegel und Empfehlungsmarketing durch unabhängige Plattformen wie hebammen-testen.de.

Der neue Kollege KI

Künstliche Intelligenz kommt vermehrt bei der Entwicklung und Vermarktung von Produkten zum Einsatz. Über Text-to-Image KI werden binnen Sekunden Vorschläge für Produkte, Fotoshootings oder Stoffmuster gemacht. „Diese neuen Verfahren erlauben es, aus Texteingaben kreative Bildkompositionen zu generieren. Vor allem im Bereich der Produktentwicklung und im Marketing lassen sich so Ideen visualisieren, die Unternehmen der Branche dabei helfen, ihre Ziele schneller zu erreichen“, erklärt Stefan Eipeltauer, BDKH-Experte für digitale Innovation. Diese und andere Anwendungen von Künstlicher Intelligenz entwickeln sich schnell weiter und werden künftig auch in den Bereichen Video und 3-D-Visualisierungen eingesetzt werden.

Stoffe mit Zweitleben

Recycelte Stoffe sind segmentübergreifend mittlerweile ein großer Trend. Nach den Kinderwagen kommen Bezüge mit einem hohen Anteil an wiedergewonnenen Materialien auch bei den Autokindersitzen zum Einsatz. Bei Recaro Kids bestehen die Stoffe der „Prime“-Kollektion aus mindestens 70 % recycelten PET-Flaschen. Das spart Energie und Ressourcen, die beim Einsatz herkömmlicher Textilien anfallen würden.

Bei der Kapselkollektion „Black Re_Lux“ von Chicco hat sich das Design-Team für einen von GRS (Global Recycled Standard) zertifizierten Stofflieferanten entschieden, dessen Textilien aus 100 % recyceltem Polyester bestehen. Das elegante Schwarz, verbunden mit edlen goldenen Details, verleiht dem Material, das sonst auf dem Müll gelandet wäre, ein neues Leben im Premiumbereich.

Für Eltern passend gemacht

Bei den Autokindersitzen werden gruppenübergreifende, also „mitwachsende“ Kindersitze, immer beliebter. „Damit spart man Geld und Zeit für den Kauf mehrerer Sitze und nachhaltig ist das natürlich auch“, meint Dr. Alessandro Zanini. Modulare Systeme bei Autokindersitzen, bestehend aus einer Basis und meist zwei Sitzen, die je nach Alter eingesetzt werden, entsprechen dem Prinzip der Travelsysteme bei den Kinderwagen. Sie fördern die Bindung zum Hersteller und sind zudem eine sichere Sache – auch mit Blick auf die vielen Formen der Fehlbedienung (Misuse). Auch die rückwärtsgerichteten Modelle bei den Autokindersitzen setzen sich immer mehr durch, zumal innovative Produkte hier nun eine längere Nutzung ermöglichen. Die sogenannte i-Size-Norm bei den Sitzen ist für sicherheitsbewusste Eltern heute ein Muss.

Smarte Features

Die auch in Zukunft zu erwartenden Hitzewellen steigern die Bedeutung von Alarmsystemen für Autokindersitze. Sie warnen Eltern unverzüglich über ihr Smartphone, sollten sie ihr Kind im Auto vergessen oder „nur mal schnell“ in den Laden gehen wollen. In Italien sind solche Sensoren schon länger vorgeschrieben. Die übrigen EU-Länder beraten noch, ob sie dem Beispiel folgen sollen. Der kaum vorstellbare „worst case“ – Kinder, die im Auto durch Überhitzung sterben – wird mit steigenden Temperaturen sogar noch häufiger eintreten.

Die Warnsysteme werden auch als mobile Einheit angeboten. Das Sicherheitspad „Axkid Connect“ wird einfach im Autositz platziert und kann auch zwischen verschiedenen Fahrzeugen wechseln. Neue Autokindersitze sind häufig mit einem Luftzirkulationssystem ausgestattet, das aus Netzeinsätzen im Sitzbezug und Öffnungen an der Außenschale besteht. Auch bei den Kinderwagen ist eine gute Belüftung mittlerweile ein Muss.

Jederzeit in Verbindung

Digital orientierte Eltern schätzen zudem die „Connected Home“-Produkte von Maxi-Cosi. Die Produktreihe besteht aus Babyfone, Luftbefeuchter, Nachtlicht und einer Unterbettbeleuchtung. Die smarten Kinderzimmerprodukte im modernen Design lassen sich über eine App oder per Sprachsteuerung über Alexa und Google bedienen und individuell einstellen.

Farben, Dessins & Motive

Tiere und Kinder gehören zusammen. So präsentieren sich Hund, Katze, Piepmatz und mehr auf der Little Mateys-Kollektion von Lässig für Babys und Kleinkinder. Auf Mulltüchern, Lätzchen, Kindergeschirr und Decken geht es in einem Mix aus nussigen Tönen, sandigen Sprenkeln und dezent leuchtenden Farbakzenten in Royal Blau oder Orange wieder mal tierisch zu.

Dagegen sind die aktuellen Kinderwagen-Kollektionen edel und dezent wie nie. Besonders City Stroller wie der Vivace von Peg Perego präsentieren sich in Dunkelblau, Schwarz, Steingrau oder Dunkelbraun – und das in Kontrast zu Mattschwarz, Kupfer oder Rosegold bei Gestänge, Schieber oder Radfelgen.

Auch bei den Badelinien wie denen von Rotho Babydesign bleibt man bei den gedeckten Farben. Mehrheitlich wird hier auf Unisex-Farben gesetzt – und wenn es doch einmal Rosa sein soll, dann in einem pudrigen Malventon. Bei den Wickelauflagen und Stillkissen werden dagegen mutige Designs präsentiert – Sonnen- und Ginkgo-Motive im lässigen Boho-Stil.