12.01.15
Spielzeugsicherheit: Haften Händler oder nicht? (2)
Erfahren Sie im zweiten Teil unseres Interviews, wie sich Händler vor einer strafrechtlichen Verfolgung schützen können.
baby&junior: Wann kommt es zur Anzeige gegen den Händler?
Dr. Arun Kapoor: „Strafanzeigen gegenüber einem Händler gehen meist auf die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden zurück. Wenn eine solche Behörde bei einer Produktprüfung strafrechtlich relevante Schadstoffe identifiziert, steht es ihr frei, diesen Befund an die zuständige Staatsanwaltschaft weiterzuleiten und so ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren in Gang zu bringen. Es kommt in diesen Fällen also darauf an, ob eine Überwachungsbehörde Anzeige erstattet und ob oder der identifizierte Schadstoff strafbewehrt ist.“
baby&junior: Wie können Händler ihre Verantwortung gegenüber dem Kunden umfassend wahrnehmen und sich vor einer Strafe schützen?
Dr. Arun Kapoor: „Händler von Spielwaren sollten sich die Übereinstimmung ihrer Produkte mit den gesetzlichen Anforderungen vom Hersteller stets umfassend darlegen und bestätigen lassen. Die Herausforderung für den Händler besteht darin, selbst einschätzen zu müssen, welches Spielzeug welchen gesetzlichen Anforderungen unterliegt und ob die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Nachweise ausreichend sind, um von der Gesetzeskonformität des Spielzeugs ausgehen zu können. Sobald ein Spielwarenhändler Anhaltspunkte für die Schadstoffbelastung eines von ihm vertriebenen Spielzeugs erhält, muss er diese ernst nehmen und den Verdacht umgehend prüfen. Solche Anhaltspunkte können sich für den Händler etwa durch entsprechende Medienberichterstattung ergeben. Im Zweifel empfiehlt es sich für den Händler, den Vertrieb entsprechend verdachtsbehafteter Spielwaren umgehend einzustellen."
baby&junior: Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die bereits geltenden Spielzeug-Richtlinien?
Dr. Arun Kapoor: „Die von Ihnen angesprochene europäische Spielzeugrichtlinie stellt gewissermaßen das gesetzliche Rahmenwerk für die Spielwarenindustrie dar. Dieses Rahmenwerk ist europäischer Natur und wird in den EUMitgliedsstaaten in nationales Recht überführt. Mit welcher Härte Verstöße gegen die Vorgaben dieses Rahmengesetzes sanktioniert werden, entscheiden die Mitgliedsstaaten jeweils in eigener Verantwortung. Eine konkrete Strafandrohung in Deutschland muss also nicht in gleicher Weise auch in Frankreich oder in einem anderen europäischen Land gelten. Für den fahrlässigen Verstoß gegen das Verbot ablösbarer Kleinteile bei Kleinstkinderspielzeug existiert im deutschen Recht bisher beispielsweise kein entsprechender Straftatbestand.“
Rechtsanwalt Dr. Kapoor ist Associated Partner bei der international agierenden Kanzlei NOERR LLP in München. Er ist auf die Bereiche Produktsicherheit und Produkthaftung spezialisiert und vertritt Industriemandanten in nationalen und internationalen haftungsrechtlichen Streitigkeiten bei der Durchführung von Produktrückrufen sowie im Rahmen von Auseinandersetzungen mit Marktüberwachungsbehörden. Darüber hinaus berät er seine Mandanten aus verschiedenen Branchen in Fragen des technischen Produktsicherheitsrechts.
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