19.11.21 – Gastbeitrag

Ist Kleidung aus Naturfasern automatisch nachhaltig?

Viele Fashion Brands setzen mittlerweile auch nachhaltige Stoffe und Materialien. Worauf man beim Kauf achten sollte, erklären Verena Bierling von Sympatex und Meike Schädlich von mamalila in unserem Gastbeitrag.

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Für den Outdoorparka „WinterWander“arbeitet mamalila mit Sympatex zusammen und denkt dabei in kompletten Produktionkreisläufen. © mamalila

 
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Der Trage-Parka „WinterWander“ kombiniert eine reine Polyester-Membran von Sympatex mit Ober- und Futterstoffen aus 100% recyceltem Polyester. © mamalila

 

Nachhaltigkeit liegt im Trend – und ist wichtig! Bis 2030 wird die Weltbevölkerung unvorstellbare 102 Millionen Tonnen Kleidungsstücke verbrauchen – das entspricht rund 500 Milliarden T-Shirts. Deswegen übernehmen Hersteller, wie mamalila schon heute Verantwortung für diesen Planeten, denn „unser Handeln, unsere Kaufentscheidungen machen einen Unterschied. Für uns als Hersteller ist die Verantwortung aber nochmals ein Stück größer, wir bringen Waren neu in die Welt, der Hebel ist ein ganz anderer“, so Gründerin Vicki Marx. Aber ist Kleidung aus Naturfasern automatisch nachhaltig? Worauf sollte ich beim Kauf von nachhaltiger Kleidung achten?

Naturmaterial vs. Chemiefasern

Irrtümlicherweise glauben viele, dass künstliche Fasern grundsätzlich schlecht für die Umwelt und nur natürliche Fasern nachhaltig sind. Doch gerade die vielgelobte Baumwolle ist zwar ein nachwachsender Rohstoff ohne Mikroplastik, jedoch alles andere als nachhaltig: Die Ökobilanz eines einfachen Baumwoll-T-Shirts ist verheerend, weil Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß im regulären Anbau enorm sind, ebenso der Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden.

Auch bei sogenannter Bio-Baumwolle ist Vorsicht geboten: Denn Bio-Baumwolle weist zwar im Vergleich zu herkömmlicher Baumwolle eine bessere Ökobilanz auf, doch der Begriff „Bio-Baumwolle“ ist nicht genau definiert. Gängige Baumwoll-Siegel wie z. B. Cotton made in Africa, Fair Trade oder BCI definieren hier jeweils ihre eigenen, individuell verschiedenen Kriterien und Mindeststandards. Zudem wird auch Bio-Baumwolle bei der Weiterverarbeitung oft mit giftigen Bleich- oder Färbemitteln behandelt. Die Verwendung von Bio-Baumwolle sagt also nichts darüber aus, ob das Kleidungsstück an sich nachhaltig, fair und „bio“ produziert wurde. Rein synthetische Kunstfasern wie Polyester, Polyamid, Elasthan oder Polyacryl werden aus den Rohstoffen Kohle, Erdöl und Erdgas hergestellt, die in chemischen Prozessen zu Fasern umgewandelt werden. Bei chemischen Fasern fällt zwar der Aspekt von Pestiziden und Düngemitteln weg, dafür fordert ihre Herstellung oft einen massiven Energie- und Chemikalieneinsatz.

Besonders bei Funktionskleidung wie Regenjacken und Co. sind zudem gesundheitsschädliche PFC-Chemikalien in Imprägnierungen und Membranen ein großes Thema. Denn die keineswegs unbedenklichen PFC-Chemikalien sind kaum abbaubar und verbleiben daher für einen sehr langen Zeitraum in der Umwelt. Einige PFC reichern sich in der Umwelt und in Organismen an und wirken gesundheitsschädlich auf den Menschen. Daher sollte man beim Kauf von Funktionskleidung unbedingt auf die Angabe „PFC- und PTFE-frei“ achten und im Zweifel nachfragen, wenn der Hersteller keine Angabe dazu macht.

Recyceltes Polyester

Mamalila setzt bei Funktionskleidung ausschließlich auf PFC-freie Alternativen, z. B. die Sympatex-Membran und eine FC-freie Beschichtung mit Bionic Finish Eco. Zudem setzt mamalila auf recyceltes Polyester, denn das in der Branche erfreulicherweise zunehmend forcierte Thema „Recycling von getragenen Textilien“ könnte ein Weg aus dem Rohstoff-Dilemma sein. Denn während die sogenannten neuen „virgin materials“ Ressourcen verschwenden, spart Recycling Ressourcen ein. Mamalila hat daher in den vergangenen Monaten alles darangesetzt, schrittweise auf recyceltes Polyester umzustellen: In den Funktionsjacken wird jetzt Material verwendet, das bereits in der Welt ist und sonst Abfall wäre, etwa die berühmten leeren Plastikflaschen.

Wichtig dabei – auch hier gibt’s Schwindel, daher: Bei Mamalila ist der Recycling- und Verarbeitungsprozess durch den unabhängigen GRS (Global Recycling Standard) zertifiziert. Gründerin Vicki Marx: „Indem wir für unsere neuen Funktionsjacken ausschließlich auf recyceltes Polyester setzen, verringern wir unseren ökologischen Fußabdruck und schaffen gleichzeitig hochwertige, wind- und wasserdichte Produkte. Künftig werden neun von zehn verkauften mamalila-Produkten entweder aus Naturtextil oder aus recyceltem Material sein.“

Monomaterial und Sortenreinheit

Ein weiterer Aspekt, der eng mit Recycling zusammenhängt, ist die Sortenreinheit des verwendeten Materials, damit die Kleidungsstücke nach der Zeit ihrer Nutzung wieder in ihre Bestandteile zerlegt werden können. Abhilfe schaffen können sogenannte Monomaterial-Textilien, die aufgrund ihrer Sortenreinheit den Wiederverwertungsprozess erleichtern. Denn in der Praxis erschweren oftmals Farben, Applikationen, Reißverschlüsse und nicht zuletzt Mischgewebe die Wiederaufbereitung der Textilien.

Viel Entwicklungsarbeit

Deswegen arbeitet mamalila für den hochwertigen Outdoorparka „WinterWander“ zum Babytragen mit Sympatex zusammen, um den sogenannten „Cradel-to-Cradle-Ansatz“ umzusetzen, also die Idee, von Anfang an in kompletten Produktkreisläufen zu denken: Ein Produkt sollte so hergestellt werden, dass von Beginn an auch das Ende, die Entsorgung und Weiterverwendung mitgedacht wird. „Das Denken in Kreisläufen ist Teil unseres mamalila-Prinzips, insofern passt diese Idee hervorragend zu uns“, erläutert Geschäftsführerin Vicki Marx. „Wir stecken viel Entwicklungsarbeit in den Lebenszyklus unserer Jacke, die aktive Eltern auf vielfältige Weise über einen langen Zeitraum hinweg begleitet. Auch ihre Wiederverwertung mit in den Blick zu nehmen, ist daher nur konsequent.“ Der Trage-Parka „WinterWander“ kombiniert eine reine Polyester-Membran von Sympatex mit Ober- und Futterstoffen aus 100 % recyceltem Polyester. Dieses sortenreine Polyester-Laminat lässt sich problemlos recyceln und in den Textilkreislauf zurückführen, ist also absolut nachhaltig, obwohl er aus chemischen Fasern hergestellt ist.